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Die jahrhundertlang als Ende der bekannten
Welt angesehene Insel
El Hierro, die kleinste und am
westlichsten gelegene der kanarischen
Inseln, ist ein rätselhaftes Stück Land, wo
die Mythen und Legenden ebenso zur
Landschaft gehören, wie die merkwürdigen
Formen seiner Vegetation und die ruhevolle
Einsamkeit seiner Landstriche, die von knapp
8000 Einwohnern bevölkert werden.
Das Ende der Welt
Jahrhundertelang wurde die Insel El Hierro
als ein ferner und mysteriöser Ort
angesehen, an dem die Welt zu enden schien.
Dies hat eine Jahrhunderte währende
Isolierung begünstigt, die eine auf der
Landwirtschaft und dem althergebrachten
Brauchtum beruhende Lebensform konserviert
hat. So führen die Einwohner von El Hierro
ein geruhsames Leben ohne Hetzerei, das sich
harmonisch in die Landschaft einfügt, die
auf der ganzen Insel ein Spiegelbild der
Ruhe ist, die Zeit scheint hier
offensichtlich langsamer zu vergehen. Die
späte Entdeckung des touristischen
Potentials von El Hierro hat dazu
beigetragen, die Insel von der allzu starken
Bebauung und jähen Entwicklung zu
verschonen, die für diesen Sektor typisch
sind. Dieser Umstand hat die Entstehung
eines starken Bewusstseins der
Unverschmutztheit und Friedlichkeit der
Insel begünstigt, so dass sich das
touristische Angebot auf den Besucher
konzentriert hat, der gerade der
Betriebsamkeit und anderen Merkmalen der
modernen Zeiten entgehen will und sich darum
an das “Ende der Welt” zurückzieht.
Infolgedessen sind einige kleine auf der
ganzen Insel verteilte Unterkünfte
entstanden, ohne dass ein grosses
Urlauberzentrum existieren würde, das sie
zusammenfasst. Die Küste von El Hierro ist
zum Grossteil steil, aber es gibt auch viele
kleine Buchten und natürliche Schwimmbecken,
deren kristallklares Wasser zum Baden und
zum Tauchen einlädt. Die Küstenorte
Timijaraque, La Caleta und Tamaduste bieten
optimale Bedingungen für alle mit dem Meer
verbundene Aktivitäten, vor allem der letzte
Ort, der ein kurioses, vom Meer gespeistes,
natürliches Schwimmbecken besitzt.
Die stillstehende Zeit
Die am äussersten Südwestrand des
kanarischen Archipels gelegene Insel El
Hierro scheint wie in Legenden versunken.
Hier ist schwer zu vergessen, dass man sich
an dem Ort befindet, der lange Zeit als das
Ende der bekannten Welt galt, als das
westlichste Land, jenseits dessen nur noch
das unendliche Meer liegt. Wie dem auch
immer sei, die menschenleere und rätselhafte
Natur auf El Hierro lässt einen denken, dass
die Zeit dort stehengeblieben ist. Auf den
bizarr verdrehten Lavafelsen des Kaps
Orchilla steht der westlichste Leuchtturm
Spaniens. Dort, dachte man, sei das Ende der
Welt, und früher war es der Bezugspunkt für
den Null-Meridian, den man später nach
Greeenwich verlegte. In La Dehesa ist der
letzte überlebende Wald aus Sadebäumen
(Juniperus sabina) auf den Kanarischen
Inseln, wacholderartige Gewächse mit
bizarrem Geäst. Auch die Tierwelt scheint
hier in ihrer Evolution stillzustehen, denn
man kann an einer schlecht zugänglichen
Steilküste, gegenüber den Felsen von Salmor
noch einige Exemplare eines echten lebenden
Fossils finden: der Rieseneidechse von
El Hierro. Die geographische Gestalt der
Insel wird von der riesigen, “El Golfo”
genannten Senkung bestimmt, die einen Umfang
von 25 km hat und von bis zu 1000 m hohen
Felswänden umgeben ist. Sie nimmt den ganzen
Norden der Insel ein und ist zum Meer hin
offen.
Es ist die flachste und fruchtbarste Gegend
und ein Grossteil der Landwirtschaft ist
hier angesiedelt. Die übrige Insel besteht
aus einer Steigung auf einer Strecke von nur
vier Kilometern vom Niveau des Meerespiegels
bis auf die Höhe von 1501 m des Bergs Pico
Malpaso. Diese Hänge sind im Landesinneren
von einem Pinienwald bedeckt, dessen Grün
sich von dem Schwarz der Lava einer Gruppe
von Vulkankegeln abhebt. Die Küstenlinie
wird oft von steilen Klippen mit
launenhaften Formen geprägt, wie die vom
Roque de la Bonanza. |
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Legendäres Brauchtum
Valverde, die einzige Inselhauptstadt des
Archipels, die nicht am Meer liegt, ist mit
seinen 3500 Einwohnern der wichtigste Ort
von El Hierro. Seine Ruhe und verstreute
Siedlungsstruktur sind für den Besucher ein
Vorgeschmack der kuriosen Atmosphäre der
Insel. Im Inneren liegen die zwei Dörfer
Tiñor und San Andrés, die noch immer vom
Andenken des legendären Baums Garoé leben.
Der Südhang der Insel endet am unteren Ende
an dem kleinen Hafen La Restinga, ein Ort
mit ruhigem Gewässer und gutem Fisch, ohne
Zweifel der typischste Fischerort von
El Hierro. Die Gegend von El Golfo im
Norden scheint einer anderen Insel
anzugehören, sie ist ja auch vom Rest durch
mehr als 1000 m hohe Felswände getrennt. Die
Landwirtschaft hier ist noch reicher, und
man beginnt, den traditionellen Weinbau mit
dem vor weniger Zeit eingeführten Anbau der
Ananas zu kombinieren.
In Frontera, der Hauptstadt des Landstrichs,
kann man die Qualität der heimischen
Produkte kennenlernen, unter denen sich
ausser der Ananas die Käseküchlein und
besonders die ausgezeichneten Weine und die
köstlichen geräucherten Käse besonders
hervortun. Ein Ereignis ragt auf El Hierro
über weit alle anderen hinaus: es ist die
“Bajada de la Virgen de los Reyes”, ein alle
vier Jahre zu Ehren der Jungfrau gefeiertes
Fest, das alle Herreños (Einwohner von El
Hierro) von nah und fern zusammenführt, um
die Jungfrau von ihrem Heiligtum in La
Dehesa hinunter nach Valverde zu tragen.
Seit 1643 wird die Jungfrau alle vier Jahre
in den ersten Morgenstunden des 4., 5. oder
6. Juli (der tag ist nicht fest) von einer
Gruppe Tänzer in kurioser Kleidung, die
ununterbrochen tanzen und mit Rasseln,
Pfeifen und Trommeln rythmische Geräusche
erzeugen, nach unten begleitet. Diese
Festlichkeit, welche die marianische
Frömmigkeit mit dem prähispanischen
Brauchtum verbindet, ist sicherlich eine der
kuriosesten der Kanarischen Inseln. |
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